Tour Around Austria 2022 - Teil 8: Slowenien

Kurz vor Tarvis verließen wir den Alpe-Adria-Radweg auch schon wieder und bogen auf einen weiteren Bahntrassenradweg ab: den der alten Kronprinz-Rudolf-Bahn, die von 1870 bis 1966 Ljubljana und Triest miteinander verband. Damit ging es für uns in unser letztes Nachbarland bzw. streng genommen eigentlich in unser erstes: immerhin radelten wir bereits am zweiten Tag unserer Tour Around Austria ein kurzes Stück durch Slowenien. Da wir uns Slowenien aber für den krönenden Abschluss aufheben wollten, waren wir zu Beginn aber quasi nur durchgeradelt. Nun wurde es endlich Zeit unserem nähesten Nachbarland mehr Zeit und Kilometer zu widmen ❤


 

Kurz nach der Grenze kamen wir an einer recht außergewöhnlichen "Sehenswürdigkeit" vorbei: ein Frachthubschrauber transportierte gerade die Steher für die Seilbahn auf den Berg und ließ vor allem Familien mit Kindern, die sich dieses Spektakel nicht entgehen ließen, (und zugegebermaßen auch uns beide) nur staunen.  


 

Irgendwann konnten wir uns wieder vom sehenswerten Hubschraubereinsatz losreißen und radelten weiter nach Kranjska Gora. Den Ort kannten wir bisher nur - vom Namen her - als Austragungsort für Schirennen. Dabei wirkt der Ort auch abseits vom Schitourismus wie ein hübscher kleiner Tourismusort mit vielen netten Cafés.


 

Auch wenn die alte Bahnstrecke der Kronprinz-Rudolf-Bahn ursprünglich bis nach Ljubljana ging, findet der Bahntrassenradweg bereits nach ca. 30 Kilometern sein Ende in Jesenice, einer Kleinstadt, die von viel Industrie geprägt wird. Mit der Idylle der letzten Tage hatte dies nun nichts mehr gemein. Der Radweg verlief anfangs noch entlang der Autobahn, die wir scheinbar zur Stoßzeit und somit mit einem gigantischen Stau erlebten. Und bald ging es wieder nur auf normalen Straßen dahin, aber immerhin durch Wälder und Dörfer. 




Als Ziel des Tages hatten wir uns einen weiteren beliebten Kurort ausgesucht: Bled, bekannt vor allem durch den traumhaften Bleder See mit der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt, die dort auf einer kleinen Insel zu finden und dadurch auch nur mit Booten erreichbar ist. 
Kurz vor unserer Ankunft wurden wir allerdings von einem Unwetter überrascht, das wir glücklicherweise unter einem Carport aussitzen konnten; der Blick auf die Wettervorhersage verriet uns aber, dass es sich dabei nur um ein kleine Vorhut handelte und das "richtige" Unwetter erst in der Nacht auf uns zukommen würde. Weswegen wir wieder einmal keinen Campingplatz ansteuerten, sondern abermals auf Zimmersuche gingen. Und schließlich nur noch ein recht teures aber immerhin zentral gelegenes Apartment fanden. Wir verbrachten den Abend mit einem Spaziergang zum See, natürlich mit Bleder Schnitten und mit Wäschewaschen (juhuuu, Apartment = Waschmaschine! 😂)  




Tag 33: Von Bled nach Kamnik (19. August 2022)



Das Unwetter in der Nacht war nicht nur in Bled spürbar, auch von zuhause erreichten uns einige Horrormeldungen. Eine Gewitterlinie mit riesigen Hagelkörnern und Orkanböen zog durch mehrere Länder und die nächsten Kilometer bzw. auch der Blick auf den Campingplatz von Bled verriet, dass das Apartment wirklich jeden Cent wert  war! 



 
Auf die nächste hübsche Stadt mussten wir nicht lange warten, bald radelten wir durch Kranj, eine Stadt mit einem wunderschönen mittelalterlichen Altstadtkern. In einem der Cafés in der Fußgängerzone ließen wir uns gleich noch einmal Bleder Schnitten schmecken.




Nachdem wir auf den Karten dort im Gebiet kaum Radwege finden konnten, überließen wir die Planung der Route diesmal wieder komplett Komoot. Lediglich Kamnik als Ziel wurde eingegeben und vom Rest ließen wir uns überraschen. Und rechneten eigentlich  damit, den ganzen Tag auf irgendwelchen Straßen zu fahren... Umso überraschender, dass wir meist doch auf Radwegen fern der großen Straßen unterwegs waren! 
An diesem Tag radelten wir übrigens auch am südlichsten Punkt Österreichs vorbei, allerdings befand sich dieser in weiter Ferne: der Punkt liegt im alpinen Gelände südlich von Bad Eisenkappel und ist mit dem Fahrrad nur sehr schwer zu erreichen 😉




Ursprünglich wollten wir direkt im Zentrum von Kamnik übernachten, konnten dort aber einfach kein freies Zimmer finden. Kamnik war bereits im 13. Jahrhundert ein wichtiger Handelsposten zwischen Ljubljana und Celje und hat einen wunderschönen Altstadtkern mit Burgruine und einer von weiten sichtbaren Burgkapelle. 
Unsere Zimmer für die Nacht fanden wir schließlich ein wenig außerhalb in Vrhpolje pri Kamniku. Ja, Mehrzahl! Denn diesmal bekamen wir nur noch zwei Einzelzimmer 😅




Tag 34: Die Gibanica-Saga (20. August 2022)



Wenige Tage zuvor waren wir im Internet auf einen neuen Radrundweg durch Slowenien gestoßen: die Slovenia Green Wellness Route, die von Ljubljana eine Runde über Kamnik und Maribor und zurück nach Ljubljana macht. Zumindest den Abschnitt zwischen Kamnik und Maribor machten wir uns zu nutze und folgten der vorab runtergeladenen Tourenplanung. Lustigerweise war die Strecke noch so neu, dass weder Unterkünfte, Campingplätze und nicht einmal das Tourismusbüro in Kamnik wussten, wovon wir da redeten. Gleich der erste Abschnitt entlang der Tour begeisterte uns sehr: auf alten verkehrsarmen Nebenstraßen und Waldwegen ging es rauf auf den Črnivec Pass und erst kurz vor der Passhöhe mussten wir auf die normale Straße zurück.




Oben angekommen kehrten wir im Gasthaus direkt an der Passhöhe ein, fragten auf Englisch nach Kuchen und bekamen schließlich eine lange Liste von süßen Köstlichkeiten vorgetragen. Und hofften sehr auf "Prekmurska Gibanica". Diesen slowenischen Schichtkuchen mit vier verschiedenen Füllungen bzw. "Vierlingsstrudel"  bekamen wir vor vielen vielen Jahren bei einem Verwandtschaftsbesuch unserer Familie und seitdem haben wir immer wieder davon geschwärmt. Und obwohl wir nun in der "richtigen" Region unterwegs waren, wurde die erhoffte Gibanica hier nicht aufgezählt. Stattdessen machten wir uns über Apfelstrudel und Blaubeerkuchen her. Kaum waren unsere Teller leer, spazierte der Kellner mit einer herrlichen Gibanica an uns vorbei zum Nebentisch. Auf die Frage, wieso er diese bei uns nicht auch aufgezählt hatte, meinte er nur: "It´s so hard to explain!" 😂
Noch eine Gibanica essen war nicht möglich, weil Apfelstrudel UND Blaubeerkuchen UND viel Kaffee im Bauch. Mitnehmen war auch keine Option, weil so ein Schichtkuchen wahrscheinlich nicht lange als solcher in der Satteltasche überlebt hätte. Und so setzten wir unseren Weg ohne Gibanica fort. Immerhin rechneten wir ja auch fest damit auf den nächsten Kilometern noch mehr Chancen auf die slowenische Köstlichkeit zu haben. 




Vom Črnivec Pass runter kamen wir bald in die Stadt Gornji Grad und damit zur riesigen Kirche der Hl. Hermagoras und Fortunat. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das alte Benediktinerkloster aus dem 12. Jahrhundert zu dieser prächtigen und eindrucksvollen Barockkirche umgebaut. 


 


Unser Radltag endete schließlich in Velenje, schon von weitem zu sehen an einem riesigen Kraftwerk, das aus der Ferne wirkt, als würde es mitten im Stadtzentrums direkt neben der Kirche stehen. Aus der Nähe dann doch nicht ganz so schlimm, in Velenje findet man durchaus auch einen hübschen kleinen Stadtkern und sogar eine Burg aus dem 13. Jahrhundert. Bergbau und Industrie sind hier jedoch sehr präsent und haben auch eine lange Geschichte: bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird hier Braunkohle abgebaut. Passend dazu findet man in Velenje ein Bergbaumuseum mit Schaubergwerk. Wir fanden die Nähe zum Kraftwerk schon anschaulich genug und ließen den Abend gleich nebenan auf dem sonst sehr gemütlichen Campingplatz ausklingen.




Tag 35: Štrekna (21. August 2022)



Von unserer geplanten Strecke - dem Pakatal rauf ins Drautal - wurde uns mehrmals abgeraten. Zwar wurde dort gerade der Bahntrassenradweg Štrekna auf der stillgelegten Eisenbahnstrecke zwischen Velenje und Dravograd weiter gebaut; solange dieser nicht fertig war, war man hier allerdings auf der kurvigen und noch dazu recht gut befahrenen Straße durch die enge Pakaschlucht unterwegs. Nach kurzer Recherche dann die große Überraschung: gerade an diesem Tag war die Straße komplett gesperrt, weil zwei Radbrücken über die Straße montiert wurden. Wir versuchten unser Glück, kamen an beiden Baustellen vorbei und hatten die Straße wieder einmal ganz für uns ganz alleine! 




Kurz vor Slovenj Gradec kamen wir auf den bereits fertiggestellten Bahntrassenradweg. Und auch wenn wir diesen Teil besonders genossen, müssen wir unbedingt nochmals wiederkommen, wenn Štrekna komplett fertig ist: dann rollt man abseits der Straße über alte Eisenbahnbrücken und durch Tunnel runter bis nach Velenje.




Pünktlichst zur Mittagszeit kamen wir in die Stadt "Slovenj Gradec", was wortwörtlich übersetzt nichts anderes bedeutet als "Slowenisch Graz". Da fühlt man sich doch gleich wieder wie zuhaus 😉 
Und auch wenn wir unsere Mittagspause dort im Restaurant Vila Pohorje mit einem köstlichen Essen verbrachten: Gibanica fanden wir auch in Slovenj Gradec nicht 😅




Mit dem Ende von Štrekna befanden wir uns wieder zurück auf normalen Straßen. Aber nur für wenige Kilometer. Denn bald tauchte die Drau vor uns auf und somit ging es nun wieder am Drauradweg weiter. Diesen Abschnitt waren wir auf unserer Österreichreise 2019 schon einmal in entgegengesetzter Richtung unterwegs, allerdings hatten wir damals wesentlich schöneres Wetter 😉




In Vuzenica radelten wir auf die andere Drauseite, um zu unserem Tagesziel zu gelangen: Muta. Dort findet man eine kleine romanische Rotunde aus dem 11. Jahrhundert und somit die älteste Kirche Sloweniens.




Der Hauptgrund für unseren kleinen Umweg nach Muta hatte aber weniger mit der kleinen Kirche zu tun, sondern mit dem Gasthaus nebenan: Pri Lipi. Auf unserer Österreichreise vor drei Jahren waren wir hier zu Kaffee, Kuchen (und Buchweizenstrudel!) eingekehrt, nun hatten wir uns hier ein Zimmer reserviert. Und freuten uns zum Abendessen über ein mehrgängiges Überraschungsmenü: Koroška (=Kärntner) Käse, Wild mit Birnensoße und Štrukli und wieder der heiß ersehnte Buchweizenstrudel. Ein Traum! ❤




Tag 36: Waschlnass* nach Maribor (22. August 2022)



So perfekt das Abendessen am Vortag war, so perfekt war auch das Frühstück im Gasthaus Pri Lipi. 




Wieder zurück zum Drauradweg und weiter nach Maribor. Der Weg führt hier durchs Pohorje-Gebirge und trotz der dunklen Wolken und des ständigen Nieselregens gefiel uns die Landschaft sehr. Als wir gerade wieder einmal bergauf strampelten, tauchte vor einem der Häuser an der Straße plötzlich ein Mann am Zaun auf und fragte uns, ob wir irgendetwas brauchen würden. Es folgte ein sehr nettes Gespräch auf Deutsch, Englisch und Slowenisch - anfangs mit ihm und gegen Ende mit seiner ganzen Familie ❤


  



Kurz vor Maribor wurden die Wolken dichter und der Regen stärker und auf Campingplatz hatten wir keine allzu große Lust. Noch dazu wollten wir es uns in der letzten Nacht unserer Tour Around Austria noch einmal so richtig gut gehen lassen und buchten ein Zimmer direkt im Stadtzentrum im City Hotel Maribor. Lustigerweise lotste uns unser Navi zum Eingang unter der Brücke, wo auch der Parkplatz des Hotels zu finden ist. Vielleicht lag es an der dunklen Wolkendecke, vielleicht auch an der dunklen Garagenatmosphäre, aber wir waren bei unserer Ankunft dort recht verunsichert, ob wir uns tatsächlich das richtige Hotel ausgesucht hatten... Glücklicherweise stellte sich schnell heraus, dass es wesentlich schönere Eingänge ins wirklich schöne Hotel gab 😅




Bis zum Abend wurde das Wetter nicht unbedingt besser, Abendessen und Gesellschaft machten aber alles wieder wett: wir trafen uns mit Freunden im Baščaršija, einem Restaurant mit traditioneller Balkan-Küche und können dieses nur weiterempfehlen. Große Grillplatten mit Cevapcici, Sudzukica, Pleskavica, Ofenkartoffeln, Dzuvec-Reis, Zwiebeln, hausgemachtem Lepinja-Brot und Ajvar. So schmeckt Urlaub!




Tag 37: Runde um Österreich geschafft!



Unser letzter Radltag startete mit viel Wehmut, aber auch Vorfreude auf Zuhause. Bevor wir den Weg zurück nach Österreich einschlugen, fuhren wir aber noch einmal durch Maribor. Am Abend zuvor hatten wir noch einen Tipp für eine Bäckerei bekommen, wo wir noch ein weiteres Mal unser Gibanica-Glück versuchen wollten. Und tatsächlich gab es dort Gibanica - aber nicht die mehrschichtige Prekmurska, sondern die flache Version, die man teilweise auch entlang der Südsteirischen Weinstraße findet... Die Gibanica-Saga ging also auch am letzten Tag in Slowenien nicht gut aus 😉




Zurück nach Österreich waren es nun nur noch ca. 25 Kilometer. Ein allerletztes Mal auf unserer Tour Around Austria ging es über die Grenze und somit zurück in die Steiermark 💚




Damit schloss sich der Kreis rund um Österreich und wir fanden uns am Murradweg auf der Strecke wieder, die wir am ersten Tag in entgegengesetzter Richtung geradelt waren. Und vielleicht könnt ihr euch noch daran erinnern, dass wir gesagt hatten, dass wir die Strecke auf dem Weg nach Hause nicht nochmals radeln, sondern mit dem Zug fahren würden? Nun ja, der Tacho zeigte gerade einmal 25 Kilometer, die Uhrzeit gerade einmal Mittag und es fühlte sich einfach nicht richtig an in den Zug zu hüpfen. Und so radelten wir natürlich auch die restlichen Kilometer nach Hause, kehrten in den üblichen Cafés ein, erlebten den 2.500sten Kilometer auf unserer Reise und irgendwann trudelten wir tatsächlich wieder zuhause ein. 

Auch die Gibanica-Story fand mittlerweile ein glückliches Ende. Freunde von uns haben die Köstlichkeit in einem Grazer Restaurant auf der Karte entdeckt und uns gleich dorthin mitgenommen. Ende Gibanica gut, alles gut 😉

Hier findet ihr nochmals eine Zusammenfassung unserer Tour Around Austria



*Waschlnass, waschlnoss, rinnwaschlnoss 
  Wortart: Adjektiv  
  Worttrennung: wa|schel|nass
  Gebrauch: österreichisch umgangssprachlich emotional
  Bedeutung: durch und durch und durch und durch nass

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